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Die Altenburger Brüderkirche ist mit ihrem 76 m hohen Glockenturm der zentrale Blickfang der Innenstadt. Sie erhebt sich westlich des Markt-Areals auf einem leicht ansteigenden Gelände. In ihrer jetzigen Form wurde sie zwischen 1902 und 1905 errichtet. Nicht nur ihre Größe, auch die bauliche Gestaltung ist bemerkenswert. Als Kirche mit 1.000 Sitzplätzen sollte sie der stark steigenden Zahl der Gläubigen in den umgebenden innerstädtischen Wohnquartieren eine neue religiöse Heimstatt geben. Errichtet wurde sie im Stil der Neugotik, hat aber auch Elemente des Jugendstils. Sie ist ein Zentralbau, also keine Kirche in Form einer rechteckigen Halle mit ‘Seitenschiffen’.

Als Architekten hatte man übrigens den damals sehr bekannten Kirchenbaumeister Jürgen Kröger (1865-1928) gewonnen, der in seinem Leben dutzende Repräsentativbauten in ganz Deutschland errichtete: Kirchen, Rathäuser, Kunsthallen, Synagogen, Postämter usw. Der Preisjury saß einer der Architekturpäpste des 19. Jahrhunderts vor: Johannes Otzen (1839-1911) gewählt, ein Spezialist für Kirchenbauten.

Kröger mischte die Baustile der Brüderkirche kräftig und erzeugte damit immer wieder überraschende Ansichten und Eindrücke. An manchen Stellen wirkt die Kirche romanisch, dann gotisch. In der Rotunde des Kircheninneren hat man hin und wieder das Gefühl, in einem orientalischen Kirchenbau zu sein. Die Freitreppe vor ihrem Haupteingang wirkt wuchtig wie so viele Gebäude des späteren 19. Jahrhunderts. Ihre Jugendstilreliefs erzeugen jedoch zugleich Neugier und lassen die steinerne Massivität der mächtigen Balustraden in eine künstlerische Leichtigkeit münden. Wenn man sich vom Markt aus durch die ‘Gasse bei der Brüderkirche’ dem Gotteshaus nähert, wird sie nicht nur zunehmend präsenter, das große Mosaik an der Ostfassade nimmt einen auch regelrecht gefangen. Es zeigt die Bergpredigt – für viele evangelische Christen auch heute noch das Zentrum ihres Glaubens und ihrer moralischen Orientierung.

Der Künstler des Mosaiks und der Wandmalereien im Inneren der Kirche war der aus Schleswig-Holstein stammende Kirchenmaler Otto Berg (1861-1944), der oft auch mit Johannes Otzen zusammenarbeitete.

Im Inneren der Kirche fallen die Verblendungen aus weißem Backstein und die zarten Bemalungen der Wände mit Ornamenten auf. Abweichend von der Tradition liegt der Altarraum im Westen. Die Rotunde ermöglicht allen Besucherinnen und Besuchern einen guten Blick auf den Altar und die Kanzel. Die Emporen sind mit recht steil ansteigenden Sitzreihen ausgestattet. Das verstärkt die Fokussierungswirkung der Rotunde weiter und lässt das Kircheninnere bisweilen wirken wie einen modernen Musik- und Veranstaltungssaal.

Der Altar zieht die Blicke auf sich, denn er ist reich verziert. Die glatte Dichte und farbliche Reinheit des Baumaterials fallen ins Auge: Es handelt sich um französischen Kalkstein. Vielleicht hast du diesen Stein schon während des Frankreich-Urlaubs in Kirchen oder Palästen gesehen.

Im Zentrum des Altars befindet sich eine Reliefdarstellung des Abendmahls. Sie wird umrahmt von Figuren der Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.

Die Fenster stehen ganz im Zeichen eines für die evangelische Weltsicht des 19. Jahrhunderts typischen Bildprogramms: Neben Szenen aus dem Neuen Testament findet man u.a. den Begründer der Reformation Martin Luther (1483-1546), den Kirchenlieddichter Paul Gerhardt (1607-1676) und den Komponisten Johann Sebastian Bach (1685-1750). Auch der als Beschützer des protestantischen Glaubens geltende König von Schweden, Gustav II. Adolf (1594-1632), lässt sein Auge symbolisch auf Altenburg ruhen. Das Wappen der Altenburgischen Fürstenhauses der ernestinischen Wettiner passt in diese Motivauswahl. Auch zu ihrem Selbstverständnis gehörte es, sich als Beschützer der Reformation und der evangelischen Konfession zu sehen. Die Entwürfe der Fenster stammen von Paul Gathemann.

Die Orgel wurde 1905 von der renommierten Orgelbau-Anstalt Wilhelm Sauer aus Frankfurt an der Oder gebaut. Sie verfügt über 3.371 Pfeifen in 48 Registern und dominiert die dem Altar gegenüberliegende Empore.

Das Glockenspiel fiel, wie bei so mancher anderen deutschen Kirche auch, bis auf eine den Weltkriegen zum Opfer. Die Glocken wurden eingeschmolzen, um Waffen daraus herzustellen. Heute besteht das Geläut wieder aus vier Glocken. Erst im Jahr 2019 komplettierte die neu gegossene vierte “Friedensglocke” als größte Glocke das ursprüngliche Geläut.

Die Ausstattung im Inneren der Brüderkirche ist bis heute nahezu unverändert. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn seit den 1930er Jahren hatte sie eine bewegte Baugeschichte. Weil während des Zweiten Weltkriegs und zu DDR-Zeiten die Bausubstanz nicht gepflegt wurde, befand sich die Kirche Ende der 1970er Jahre in einem gefährlichen Zustand: Die Dächer von Turm und Kirchenbau waren undicht, die Fassaden waren unansehnlich, viele Fenster zerstört. Der Gemeindekirchenrat, die Gemeindemitglieder und der Pfarrer begannen unter schwierigsten Bedingungen Baumaßnahmen zur Erhaltung. Auch Mitglieder der westdeutschen Partnergemeinde beteiligten sich daran. Stück für Stück wurde die Kirche saniert, 1984 das Turmdach neu gedeckt, 1986 das Mosaik restauriert. Nach dem Ende der DDR konnte das Kirchendach neu gedeckt werden. Ohne diese Energieleistung hätte man die Kirche wohl aufgeben und dem Verfall preisgeben müssen. Für viele Altenburger war die in der Sonne goldbraun funkelnde neue Kupfereindeckung des Kirchturms inmitten einer rapide weiter verfallenden Altstadt seit Mitte der 1980er Jahre ein Signal des Aufbruchs und des Muts: Menschen in der DDR konnten sich zutrauen, die Zukunft selbst neu zu gestalten. Eine Erfahrung, die im Herbst der Friedlichen Revolution 1989 ganz wichtig war.

Historische Vignette

Weihnachten 1989 in der Brüderkirche

Ein Rundumblick von der Spitze der Brüderkirche

Öffnungszeiten

Montag	10:00 - 18:00 Uhr
Dienstag	10:00 - 16:00 Uhr
Mittwoch	10:00 - 12:00 Uhr
Donnerstag	10:00 - 16:00 Uhr
Freitag	10:00 - 13:00 Uhr
Samstag	für Gruppen auf Anfrage
Sonntag	13:00 - 16:00 Uhr
Die Öffnungszeiten sind nicht verbindlich. Weitere Infos gibt es hier.

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